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Sonett 120: Daß Du Dich Lieblos Einst Erwiesen Hast

Daß du dich lieblos einst erwiesen hast, Das freut mich jetzt. Denn ohne diesen Schmerz Müßt' ich erliegen des Gewissens Last, Es wäre Stahl und Eisen denn mein Herz. Traf mein Verrat so furchtbar deine Brust, Wie deiner mich, so trugst du Höllenleid, Und ich, Tyrann, ich war mir nicht bewußt, Was ich einst litt durch deine Grausamkeit. Oh, hätte unsre schmerzenreiche Nacht Mich tief gemahnt, wie wahrer Kummer quält, So hätt' ich dir und schnell du mir gebracht Den Balsam, der das wunde Herze stählt. Nun wird zum Freispruch deine Schuld für mich, Die mich entsühnt, wie meine Sünde dich.