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Sonett 95: Wie Süß Und Lieblich Wird Durch Dich Die Schuld

Wie süß und lieblich wird durch Dich die Schuld Der Wurm in frischem Blüthenkelch verschlossen. Befleckt sie Deines Namens reine Huld, Von welchem Liebreiz ist die Sünd' umflossen! Wer von den Thaten Deines Lebens spricht, Mit schroffem Wort Dein üpp'ges Treiben tadelt, Schmäht so, daß Lob selbst durch die Schmähung bricht Wenn er Dich nennt ist schlechter Ruf geadelt. O welch ein Haus bewohnen all die Sünden Die Dich zu ihrer Herberg' ausersehn! Der Anmuth Glanz macht all die Flecken schwinden, Und was das Aug erblickt ist hold und schön. Dies Vorrecht, theures Herz, benutz es besser Zu viel gebraucht, wird stumpf das schärfste Messer.