lovrary

Sonett 137: Wie Schwächst Du, Liebe, Meiner Augen Kraft

Wie schwächst Du, Liebe, meiner Augen Kraft Sie blicken wohl, doch sehn nicht was sie sehn. Nicht fremd war mir der Schönheit Eigenschaft, Und jetzt dünkt schön mir häßlich, häßlich schön. Wenn Augen, durch partei'schen Blick voll Mangel Am Ufer wurzeln, zu dem jeder trachtet. Schmied'st Du aus Augenfalschheit eine Angel An der des Herzens freier Sinn verschmachtet. Mein Herz wähnt thörigt jener Platz ist sein Kennt' s als der Welt Gemeinplatz ihn denn nicht. Zwar sieht's mein Aug', und dennoch spricht es: Nein. Glaubt Treue wahr im häßlichen Gesicht. Mein Aug' und Herz, sie haben falsch gehandelt, Und sind zur Straf in Falschheit umgewandelt.